Fact Check Digitalisierung 2017

Fact Check - Digitalisierung der deutschen Wirtschaft 2017

„Digitale Transformation der Wirtschaft läuft noch nicht rund“ - „Chancen der Digitalisierung werden zu selten genutzt“

Dies ist nur ein Auszug der Pressemitteilungen des Digitalverbands Bitkom in den letzten Wochen. Das Marktforschungsinstitut für Digitalwirtschaft, bitkom research, scheint mit seinen neuesten Studien einige Missstände in der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die Digitalisierung aufgedeckt zu haben. Wir haben einmal die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst, um näher zu beleuchten, was dran ist, an den Warnungen der Bitkom und anderen Gesellschaften.

Unternehmen stellen sich der Herausforderung „Digitalisierung“

Grundsätzlich steht der Großteil der Unternehmen der Digitalisierung positiv gestimmt gegenüber. So sehen nahezu alle befragten Unternehmen (90%) die Digitalisierung als Chance. Um diese zu nutzen, haben auch mehr als ein Drittel der Unternehmen eine Strategie zur Bewältigung des digitalen Wandels entwickelt (76%) – Doch auch wenn die Top-Manager in deutschen Unternehmen sich scheinbar auf die Digitalisierung vorbereiten, so sieht mehr als die Hälfte den Wandel als große Herausforderung, ein kleiner Teil sogar als Bedrohung für die Existenz ihres Unternehmens (11%). Das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Umdenkens besteht also – doch so recht dafür gewappnet sehen sich die Unternehmer noch nicht. Woran liegt’s?

Infografik Engpässe bei der UmsetzungEngpässe bei der Umsetzung bestehen

Alle befragten Unternehmen sehen noch Hemmnisse bei der Implementierung ihrer Digitalisierungsstrategie.  Gerade Themen wie Datenschutz und IT-Sicherheit sorgen bei mehr als einem Drittel von ihnen noch für Bedenken. Auch die fehlende Akzeptanz von neuen Vorgehensweisen in der Belegschaft sowie die mangelnde Digitalkompetenz ihrer Fachkräfte legen laut 30% der Befragten zufolge noch Steine in den Weg einer erfolgreichen Digitalisierung. Um diese Stellschrauben aus unternehmerischer Sicht zu verstellen, muss sich anscheinend vor allem eins ändern: die Belegschaft.

Fast alle befragten Unternehmen sind der Meinung, dass sie für die digitale Transformation mehr IT-Fachkräfte (87%) und Mitarbeiter mit Digitalkompetenzen benötigen (79%). Und auch wenn ungefähr genauso viele von ihnen gerade an der Förderung der Digitalkompetenz bisheriger Mitarbeiter arbeiten, so stößt über die Hälfte von ihnen auf große Probleme IT-Fachkräfte für ihren Betrieb zu finden.

Vorhandenes Potential wird nicht immer erkannt

Doch gibt es wirklich einfach nicht genug IT-Fachkräfte in Deutschland? Oder liegt das Problem der Unternehmen vielmehr darin, den vollen Umfang der tiefgreifenden Veränderungen zu erfassen, die mit einer ernstgemeinten digitalen Transformation einhergehen sollten?

Bisher wird der Einfluss, den die Digitalisierung auf alle Geschäftsbereiche haben kann, nicht umfassend wahrgenommen. Gefragt nach dem Potential, das Unternehmen in der Digitalisierung sehen, konzentrieren sich die Unternehmer stark auf die kundenbezogenen Bereiche. So sehen über 73% eine Chance den Kundenservice zu verbessern und 75% die Kundenakquise zu optimieren. Erst mit etwas Abstand folgt auf Rang drei der potentiellen Verbesserungen eine allgemeine Effizienzsteigerung des Betriebs, die von fast 60% gesehen wird. Bedenklich ist, dass hingegen nur weniger als die Hälfte der Befragten sich potentielle Verbesserung der Mitarbeitergewinnung in Verbindung mit der Digitalisierung vorstellen können.

Das bedeutet, Optimierungsmöglichkeiten im Kundenumfeld werden bereits erkannt. Diese auf die interne Anwendung zu übertragen, um an das gesuchte Know-How zu gelangen, wird allerdings bisher selten in Erwägung gezogen. Hier fehlt es wohl noch an der Vorstellungskraft, wie die neuen Möglichkeiten des digitalen Wandels in allen Geschäftsbereichen genutzt werden können. Dabei könnte man doch gerade  im Bereich der Fachkräftesuche und Beauftragung mit Hilfe neuer Prozesse die Ressourcen-Probleme beim digitalen Wandel in eine Chance für neue Formen der Zusammenarbeit verwandeln. Doch mit neuen Entwicklungen scheinen sich die meisten Manager im Zusammenhang mit der digitalen Veränderung schwer zu tun: Nur 38% sehen die Möglichkeit neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und nur 37% die Möglichkeit neue Produkte oder Dienste zu erarbeiten. Im Gesamtbild wirken die Unternehmen noch zögerlich, wenn es darum geht, das volle Potential der digitalen Transformation zu nutzen.

Infografik Digitalisierung nach FunktionsbereichenDigitalisierung wird nicht in allen Unternehmensbereichen gleich fokussiert

Eine Mittelstandsstudie zum Stand der Industrie 4.0 der Unternehmensberatung Deloitte liefert ergänzende Ergebnisse dazu: Die hier befragten mittelständischen Unternehmen sehen den Handlungsbedarf bezüglich Digitalisierung nicht nur in den bereits genannten Feldern Mitarbeiterqualifizierung und Datensicherheit, sondern zu 35% auch im Bereich der vollständigen Digitalisierung der Wertschöpfungskette. Wo hier bisher die größten Lücken sind, zeigt die Studie ebenfalls auf. Der Digitalisierungsgrad einzelner Funktionsbereiche wurde abgefragt und die Ergebnisse deuten in eine klare Richtung. Am weitesten fortgeschritten sind wie erwartet die Bereiche IT und Controlling, in denen fast 80% der Unternehmen einen eher hohen bis hohen Digitalisierungsgrad vorweisen. Der Digitalisierungsgrad wurde gemessen als „starke Durchdringung von Informations- und Kommunikationstechnologien“. Abgeschlagen auf den letzten Rängen liegen in absteigender Reihenfolge die Funktionsbereiche F&E, Eingangslogistik und Personal, in denen nur ca. 40% der Unternehmen momentan einen tendenziell hohen Digitalisierungsgrad bei sich sehen.

Die Möglichkeit den Kontakt zum Kunden mit Hilfe digitaler Lösungen zu verbessern und Effizienzsteigerungen in IT- und Controlling-Abteilungen mit technischen Errungenschaften zu erreichen, hat sich anscheinend schon herumgesprochen. Doch dass auch interne Prozesse, Modelle und Produkte weiterentwickelt werden können, um Personal- und Einkaufabteilungen strategisch effizienter auszurichten, lassen viele noch unter den Tisch fallen. Liegt dies an bewusstem Desinteresse, oder daran, dass diese Themen bisher nur von einem bestimmten Publikum angegangen wurden?

Infografik Plattform ÖkonomieDarauf weist das Ergebnis einer Umfrage von Bitkom hin, laut dem 62% der Geschäftsführer und Vorstände noch nie etwas von den Begriffen Plattform-Ökonomie, Plattform-Märkte oder digitale Plattformen gehört haben. Differenziert man dieses Ergebnis, zeigt sich: Das Unwissen hängt stark von Branche und Unternehmensgröße ab. So sind gerade kleinere Unternehmen und Unternehmen aus dem Dienstleistungsgewerbe schlechter informiert. Dies spiegelt sich auch in der Studie von YouGov zum Stand der Digitalisierung in Deutschland zwei Jahre nach der Einführung der digitalen Agenda der Bundesregierung wieder: 14% der befragten Personen, die ein repräsentatives Abbild der deutschen Gesellschaft bilden, sehen die IT-Kompetenz deutscher Unternehmen als „nicht gut genug für die digitalen Geschäftsmodelle“. Es scheint also weniger an dem Willen der Manager und Unternehmenschefs zu mangeln, die Errungenschaften des digitalen Wandels für ihren Betrieb zu nutzen, als an dem mangelnden Wissen über die vielfältige Einsetzbarkeit dieser Neuerungen in allen Geschäftsbereichen.

Unser Fazit

Die Zusammenführung unterschiedlicher Studien zeigt: Bitkoms Appell an die deutsche Wirtschaft, das Thema Digitalisierung noch tatkräftiger anzugehen, ist gerechtfertigt. Unser Überblick zeigt zusätzlich: Bestimmte Zielgruppen müssen noch stärker eingebunden werden. IT-Abteilungen und Führungsebenen sind informiert und bereit für die Digitalisierung. Doch für eine erfolgreiche Umsetzung aller technologischen Innovationen müssen auch bisher vernachlässigte Unternehmensbereiche, wie Personal- und Einkaufsabteilungen, von den Treibern der Digitalisierung fokussiert und angesprochen werden.

Die vorliegenden Daten sind den folgenden Quellen entnommen:

 

 

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